Die Befreiung Landuks - 29.01.2004

So standen Algonthir und Zefania im Behirforst vor der Stadtmauer Irars, trugen den abgeschnittenen Schweif Tamars und den seidigen blonden Zopf Lylias in ihren Händen und lasen auf einem schäbigen Zettel einzig das Wort "Perlenjagd". Sie wussten noch nicht, dass jenes ungeklärte Ereignis eine erste Demonstration eines neuen Feindes war, den sich die Gefährten teilweise bewusst aber auch zum großen Teil unfreiwillig geschaffen hatten. Die Diebesgilde übte Rache an ihren Feinden ob ihrer Entlarvung, wenngleich die Goldene Elster an sich schon nicht mehr existierte. War doch das Diebeshaus abgebrannt und viele Schatten in ihm umgekommen. Augenzeugen berichteten von einigen Flüchtlingen, die die Nacht verschluckt hatte aber viele sollen, laut schreiend in den Mauern ihr Leben gelassen haben.
Algonthir und Zefania folgten einer Blutspur im Wald und fanden, ihren Erwartungen gemäß, an deren Ende Tamar, Muadibs Pferd und Lylia, die doch erst jüngst aus einem unheilvollen Erlebnis befreit worden war. Was sie nicht erahnen konnten, war die Grausigkeit, die der Anblick beider bot. Tamar war der Kopf abgetrennt und an einen Astzweig eines benachbarten Baumes gesteckt worden. Auf dem von Pfeilen durchbohrten toten Leib des Pferdes lag Lylia nackt, missbraucht, ohnmächtig und zitternd. Unter ihrem Körper versteckte sich eine Nachricht an Muadib, die von einem gewissen Khendoris Schattenläufer unterzeichnet war. Keiner konnte dem Namen ein Gesicht zuordnen. Unweit der Waldlichtung wurde außerdem ein Knabenleib gefunden, dem ebenfalls der Kopf fehlte. Schritte führten vom Schauplatz weg zurück zur Stadt - Schritte eines einzelnen Mannes.
Bevor die zwei Freunde Muadibs den Spuren weiter folgen konnten, trafen sie jedoch noch auf einige Seelgehörnte. Zwei Orks und ein stämmiger Löwenmensch, ein Wemic, traten ahnungslos aus dem Unterholz hervor, und waren schon längst dabei, die Stätte zu plündern. Sie rechneten nicht mit unbeliebten Störungen. Die grünhäutigen Diebe und der Wemic wurden ausgeschaltet.
Auf dem Rückweg zur Stadt entdeckten die Abenteurer - nun, bis auf Muadib komplett - den Kopf des Knaben aus dem Wald, konnten ihn aber nicht zuordnen. Die Fußspur verlor sich auf der befestigten Straße. Am Stadttor erfuhren sie, dass ein Mann und ein Knabe letzte Nacht die Stadt verlassen hatten aber keiner von beiden wieder nach Irar zurückgekehrt war. Auf eine Nachfrage hin stellte sich außerdem heraus, dass Khendoris Schattenläufer als dieser nicht in den Stadtbüchern Irars verzeichnet war.

Algonthir und Zefania entschieden sich, Muadibs Pferd zu Jarloxa zu bringen, der misstrauisch und anfangs hilflos dem toten Leib gegenüberstand. Schließlich willigte er Algonthir zuliebe und aufgrund seiner Bindung zu dem Wesen Pferd ein, alles zu versuchen, um diesem Tier einer anderen Göttin, als der, der er dient, wieder Leben einzuhauchen. Er schickte den Elf und die Halbdrachenfrau, die Boten der schlimmen Gabe fort und blieb im Gebet allein zurück.
Währenddessen machten sich nun Wuselwort, Murbi, Zefania und Algonthir daran, den Wunsch des Gnomes zu erfüllen: die Befreiung Landuks, zu welcher Wuselwort, nach der Gabe der Diebesgilde (eine Karte vom Aufenthaltsort des Magiers und einen Schlüssel zu seiner Zelle) fähig sein sollte.
Nach einigen Vorbereitungen brachen die vier Freunde mit Geschick und Kraft über ein Unterseetor im Hafen in die Katakomben der Gilde ein. Durch einen unterirdischen Kanal, der genau unter der Stadt verlief, gelangten sie bis zum Tiefseehafen der Wandlergilde, in der das einzigartige U-Boot - die größte Erfindung der Gilde, mit der Landuk die Reisenden aus der versunkenen Insel befreit hat - vor Anker lag, und zwei Magier an dem Konstrukt arbeiteten.
Mit Köpfchen und Vorsicht erreichten die Befreier schließlich die Zelle Landuks. Dort trafen sie auf einen Fleischgolem, den sie erfolgreich bekämpften. Allerdings machten sie damit zu sehr auf sich aufmerksam. Ihre Schritte und Rufe hallten durch die alten Mauern. Die arbeitenden Magier eilten, von den Geräuschen gewarnt, zu den Zellen, wurden aber durch Wuselwort in einer riesigen Feuerballexplosion überrascht und ausgelöscht. Einzig verbrannte Asche blieb auf dem kalten Kerkerboden zurück.
Nun unbeobachtet, öffnete der Gnom die Zelle Landuks mit dem Schlüssel, den er erhalten hatte. Der gefangene Magier war an rotglühende Ketten gebunden und hing mitten im Raum. Sein Körper wurde von zuckenden Blitzen überzogen und seine verzerrte Miene verriet Schmerzen und Pein. War er schon in die Zwischenwelt geschickt worden - seine endgültige Strafe - und hatte man nur seine leibliche Hülle zurückgelassen?
Der Körper wurde von den Helden befreit, fand schließlich zu neuem Leben und musste von Murbi, samt eingesammelter Beute, wieder über den Unterseekanal aus dem Verließ gebracht werden.
Schicksalhaft war jedoch zuvor die Begegnung mit einem zweiten Gefangenen in einer Nachbarzelle. Er - offensichtlich ein regelwidriges Gildenmitglied - verriet zwar, wie Landuk aus den glühenden Ketten zu befreien sei, wurde aber auch mit der Erinnerung an zumindest zwei Gesichter der Gemeinschaft im Kerker zurückgelassen.
Abermals außerhalb der Stadt im Behirforst angekommen, betteten die Gefährten den befreiten Landuk auf das weiche Moos des nahenden Frühlings und entschieden, weiter nach Süden zu reisen, um für einige Tage die Stadt zu verlassen.
Auf einem Bauerngut fand der Magier zu neuen Kräften und bedankte sich, den Tränen nah, für seine Befreiung. Auch wenn die Befreiung nur Schuldbegleichung für die Rettung aus den Tiefen des Meeres damals war, zeigte sich eine neue Schuld Landuks gegenüber Wuselwort in den dankbaren Augen, die es galt zu sühnen. Er war nun frei. Wäre es nach der Gilde der Wandler gegangen, hätte er dieses Privileg nie wieder genießen können. Später einmal wolle er sich bedanken.
Nachdem Landuk in der Obhut des Bauernhofes erstarkt war, erklärte er, dass er untertauchen müsse, um ein neues Leben anzufangen. Er wusste noch nicht, ob er Irar verlassen sollte, da er sehr an der Stadt hing. Die Gefahr innerhalb der hohen Mauern war jedoch sehr hoch, vielleicht zu hoch. Er versprach, sich bei Wuselwort bald wieder zu melden und dankte ihm noch tausend Mal für das, was der Gnom für ihn getan hatte.

Die Gefährten kehrten zurück nach Irar und trafen dort auf Mesit, der seine Empörung darüber äußerte, dass die Freunde ihr Versprechen nicht hielten, ihn aufgrund seines Teppichs, der im Riesenkrieg so viele Menschenleben rettete, berühmt zu machen. Algonthir schlichtete zwischen dem Kunstmagier und der Gruppe und versprach, seinen Namen in die Welt zu tragen. Der Elf kümmerte sich zusammen mit dem Currag der Stadt, der diesen Wunsch legitimierte, darum, dem Mann ein Denkmal am Südtor zu widmen.
Das stimmte den Künstler aber noch nicht zufrieden. Er wollte noch eine Entschädigung für sein altes Kunstwerk haben, das im Krieg so gut wie zerstört wurde und hatte von etwas gehört, das seinen Schatz ersetzen könnte.
Im Tarkilgebirge, erklärte er, den verfluchten Pfad des Großen Wanderers hinauf, liegt eine Höhle, die von Yetis bewohnt wird. In dieser Höhle soll ein Edelstein sein, ein Diamant, in dem auf seltsame Weise das Herz Gochnins, dem Führer des Riesenkrieges eingesperrt ist. Als ein roter Nebel schwirrt es auf wunderschönste Weise im Stein umher und singt, berührt man den Stein, ein bezauberndes, tränenrührendes Lied. Der Currag, den Mesit in seinen Wunsch eingeweiht hat, wollte ebenfalls, dass die Helden, diesen Stein beschaffen, da der Kunstmagier versprochen hat, ihn im Museum Irars auszustellen. Der Stadthalter versprach sich dadurch regen Besuch und viel Gold, das für den Wiederaufbau, der vom Krieg gebeutelten Städte, verwendet werden konnte.
Die Gefährten willigten in den Auftrag ein, um Mesit zur Ruhe zu bewegen und den Currag zu befriedigen. Sie sollten vorsichtig sein, denn es hieß, die Yetis hätten seit kurzer Zeit einen neuen Führer, erklärte Mesit noch kurz vor der Abreise. Warum gerade Gochnins Seele, die längst in den Verließen der Höllen schmoren sollte, in einem Stein im Tarkilgebirge gefangen war, spielte zu diesem Zeitpunkt noch keine Rolle. Gefahren lauerten ja überall. Algonthir, Zefania, Murbi und Wuselwort brachen unverzüglich auf.
Auf Jarloxas Farm - der Druide hatte schon mit einem umfangreichen Heilritual für Tamar begonnen - nahmen die Helden Muadib wieder auf, der sieben Tage im Tempel gebetet hatte. Der Paladin war sichtlich geschockt über den Tod seines tierischen Freundes und schwor auf die Nachricht Khendoris' Rache, die später noch folgen sollte.
Jarloxa erklärte schweigend, dass er noch Zeit brauche, um das Tier wieder dem Leben zuzuführen und schickte die Gemeinschaft fort. Die Gruppe schlug den Weg nach Norden ein.




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