Bis kurz vor das Tor - 04.07.2002

Karte - Norden Kat Uthiro

Die Nacht auf dem Plateau des Steinernen Sees war ungemütlich. Zwischen den Gargoyls, die tot auf dem kalten Stein lagen, ruhte es sich schlecht und der kalte Wind ließ keine wirkliche nächtliche Stille zu. Es wird Winter, denn auf den Kuppen der Grenzberge, die alle still umschlossen, lagt schon in weißer Pracht der Schnee, der sich langsam in die Täler hinab arbeitete.
Die unruhige Nacht machte sich bemerkbar. Algonthir träumte schlecht. In einem dunklen Gang, vielleicht unter einem Berg, vielleicht aber auch noch viel tiefer unter der Erde, begegnete er zwei Reitern - den Vampiren aus Kat Uthiro und dem Grünwald. Sie schnappten ihn und als er erwachte, lag er schweißgebadet unter sternenklarem Himmel auf dem Plateau. Für ihn war die Nacht keine Nacht mehr. Die Leichen der Gargoyls warf er über den Rand der Klippe, hinunter auf den Steinernen See und hielt Wache - Kältewache.
Ciarda, die am Treppenende auf dem Nordpass in die Grenzberge mit Lia, der neuen Begleiterin wartete, musste des morgens feststellen, dass sie verraten wurden. Lia war verschwunden, hatte die Zwergin bewusstlos geschlagen und in ihren Taschen nach irgend etwas gesucht. Nach was suchte sie?
Plötzlich tauchte eine Streife auf, die den Pass hinunter kam und die Pferde auf dem Weg bemerkte. Ciarda, die in einer Spalte im Fels versteckt war, schloss schon ihre Fäuste fest um den Schaft ihrer Axt, um anzugreifen. Die Unbekannten, Orks und ein Oger, beobachteten die Pferde, wandten sich aber dann von den Tieren ab. Sie stiegen die kalten Stufen im Berg nach oben. In ihrem Rücken wartete die Zwergin. ‚Damrod im Tode', ertönte Ciardas Stimme laut hinter ihnen und ein erbitterter Kampf entfachte. Sie zwang den Gegner beinahe in die Knie, musste aber fliehen, um unerträglichen Verletzungen zu entgehen. Der Feind kümmerte sich nicht weiter um die Zwergenfrau und ließ sie ziehen. Ciarda aber merkte, dass ihre Gefährten gesucht wurden. Die Orks waren auf der Jagd und Algonthir, Vychar und Muadib waren vielleicht ihre Beute. Ciarda versteckte sich weiter südlich, den Pass hinunter - wartend und hoffend.
Der Elf, der Halbelf und der Mensch, die sich allein weiter hinauf in die Berge gewagt hatten, schlugen derweil einen Weg nach Osten ein. Ein enger Pass, der sich etwas später in ein schmales Tal verwandelte, führte sie einen Tag lang ohne Ereignis oder Hinweis auf Flucht, Lösung oder Hoffnung durch die öden Berge. Sie kehrten jäh um und trafen nach drei fernen Tagen mit Ciarda wieder auf dem Bergpass.
Der Weg nach Norden wurde fortgesetzt. Ciarda berichtete von ihrem Vorfall in der damaligen Nacht und die Freunde erzählten von ihrer Begegnung mit den Gargoyls. Die Gefahr war nicht weit.
Die Schritte führten nicht weit, denn hinter der nächsten Biegung des Nordpasses stand ein Tor, fest und starr im Fels. Orks und Oger bewachten die Pforte und scheuten nicht, die vier Wanderer skrupellos anzugreifen. Die Verteidigung des Weges stand über allem. Es entfachte ein Kampf, der auf der Seite des Feindes viele Opfer brachte. Aber auch die Helden blieben nicht unverschont. Ciarda, die noch vor Tagen so tapfer allein ausharrte, starb im Kampf und liegt nun tot am Wegesrand. Muadib wurde vom Führer der feindlichen Truppen niedergeschlagen und liegt bewusstlos zu Füßen des Hauptmanns der Orks. Die Situation hat sich gewendet, denn die grauen Tage brachten wenig Glück mit sich.
Die Geschichte schlägt Haken und die Wege sind unergründlich, aber Schicksal oder nicht, Leid und Verlust mußten beklagt werden, auch wenn niemand dies wollte.



Die Welt scheint undankbar zu sein, denn sie nimmt, wo wenig zu nehmen ist und sie gibt nur denen, die nichts brauchen. Überall schlägt sie mit dieser Einstellung zu und ihr Dolchstoß sitzt tief im Leib der Leidenden. In einem Augenblick streift das Glück die Schulter und doch ist es nur ein Schritt, bis man wieder im Dunkeln steht, allein gelassen, zum Kämpfen verbannt.
Ihr habt mit aller Kraft gegen Feinde gekämpft, die euer würdig waren. Dunkle Gestalten aus den Tiefen der Nacht, aus den Abgründen der verdorrten Natur, standen euch in nichts nach, außer in eurem Glauben an das Gute, eurem Glauben an ein Ziel.
Ihr habt eines gemerkt: Der Kampf um das Gute fordert Opfer auf jegliche Art. Ciarda ist gefallen. Der Kampf war ihr übermächtig. Sie hat all eure Ziele wacker verteidigt und stand für sie ein. Im einen Augenblick noch ganz im Glück, der Gefahr an der Felstreppe entkommen und ihre Gefährten wiedergefunden, trat sie im nächsten Moment schon mit ihrem Leben für ein Weiterkommen ein.
Muadib in seiner stürmischen Art, hat den Feind herausgefordert, ihm die Stirn geboten und seinen Glauben verteidigt. Die Überzeugung siegt nicht immer, denn es reicht schon ein Schlag in das Genick um des einen Ziele still zu legen.
Algonthir, wieder dem Tode nah, lag schon am Boden. Die Erschöpfung hatte ihn übermannt und in die Knie gezwungen. Mit letzter Kraft stand er dem Unternehmen bei und kämpfte an der Grenze des Ablebens.
Und Vychar, den die Ehrfurcht vor dem Gegner gefesselt hatte, überwand die Hürden der Angst und brachte zumindest einen kleinen Sieg über das erschienene Unheil.
Der Feind ist in Zahlen gefallen. Der Feind ist schon oft in Zahlen gefallen, aber noch nie wurden solche Opfer beklagt, wie heute. Der Sieg war noch nie so kostbar, noch nie so teuer.
'Die Welt nimmt die Helden mit offenen Armen auf und gibt sie nur wiederwillig der Erde zurück', heißt es in vielen Geschichten. Und es ist war, nur wiederwillig gibt die Welt Helden her.




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